Wie identifizieren wir ein Insekt?

Die Welt der Insekten ist unglaublich vielfältig. Um mehr über sie zu erfahren, sollten wir uns ihre äußere Struktur anschauen. Biologen haben strukturelle Merkmale von Insekten über Jahrhunderte beschrieben und den Körper in verschiedene Teile nach Funktionen und Strukturen unterteilt.

▲Legende: Anatomie einer Libelle

Der Körper eines jeden erwachsenen Insekts besteht aus drei Teilen: Kopf, Brustkorb und Bauch. Der Kopf verfügt über den Großteil der Sinnesorgane wie die Antenne, die Augen und natürlich den Mund. Die Beine und Flügel befinden sich auf dem Brustkorb, wodurch dieser alle Bewegungen des Insekts übernimmt. Der Bauch ist für den Stoffwechsel und die Fortpflanzung verantwortlich. Fast alle inneren Organe befinden sich in der Bauchhöhle. Die Ausscheidungsporen und externen Genitalien befinden sich am Ende des Bauches.

Während Insekten der selben Klasse oftmals strukturelle Ähnlichkeiten haben, können die Unterschiede zwischen den Taxa erheblich sein und die Identifizierung erleichtern. Beispielsweise die Beschaffenheit der Flügel, aber auch die Form der Beine, die Art der Fühler usw. können als Hilfsmittel bei der Identifizierung einer Art dienen. 

▲Legende: Nahaufnahme eines Schmetterlings

Die Flügel sind in der Klassifizierung von Insekten von großer Bedeutung. Die meisten geflügelten Insekten können je nach Aussehen ihrer Flügel korrekt klassifiziert werden (siehe Anhang für weitere Details). Wir können sie weiter eingegrenzen, indem wir andere Merkmale betrachten, um die Kategorie (Ordnung, Unterordnung, Familie usw.) zu bestimmen.

Identifizierung von Schmetterlingen und Motten

Wie Sie sehen, haben beide oben agebildeten Insekten Flügel, die mit fein gefärbten Schuppen bedeckt sind. Sie gehören damit zur Ordnung der Lepidopteren (dieser Ordnung gehören alle Schmetterlinge und Motten an).

Das Insekt links ist dick, hat kurze Flügel und sieht aus wie eine Motte, richtig? Die Enden seiner Fühler sind jedoch zu einem Knubbel erweitert, der typisch für Schmetterlinge ist. Daraus lässt sich schließen, dass es sich dabei um einen Schmetterling handelt. Genau genommen ist es ein Rostfarbiger Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus), der zur Familie der Hesperiidae gehört. 

Das Insekt rechts sieht aus wie ein Schmetterling, hat aber federartige Fühler, die für Motten typisch sind. Auch hier können wir deshalb darauf schließen, dass es sich um eine Motte handelt. In diesem Fall ist es eine Lunamotte (Actias luna), die zur Familie der Saturniidae gehört.

▲Legende: Arten von Insektenantennen

Identifizierung verschiedener Käfer

Neben den Lepidopteren stellen auch die Coleopteren eine große und bekannte Ordnung in der Insektenwelt dar. Die allgemein als Käfer bezeichneten Insekten haben Vorderflügel, die stark verknöchert, hart und undurchsichtig sind. Basierend auf ihren anderen Merkmalen können sie in mehrere Gruppen wie Rüsselkäfer, Blatthornkäfer, Bockkäfer, Kurzflügler usw. unterteilt werden.

▲Rüsselkäfer haben einen Kopf, der nach vorne hin in einen rüsselförmiges Rostrum übergeht.

▲Blatthornkäfer haben lamellenförmige Fühler, die wie Fächer aussehen.

▲Bockkäfer haben lange, borstige Fühler, die oftmals halb so lang sind wie der Käfer selbst.

▲Kurzflügler haben extrem kurze Hüllflügel, die einen langen Teil des Bauches offenlegen.

Wenn Sie diese regelmäßigen Muster erkennen, können Sie Käfer in die richtige Gruppe einordnen und der richtigen Kategorie zuordnen.

Selbes Taxon, ähnliches Aussehen

Eine große Herausforderung stellt jedoch die Unterscheidung zwischen ähnlichen Arten dar, die zur selben Familie gehören. Insekten des selben Taxons haben immer eine ähnliche Struktur, weshalb wir Insekten genauer betrachten und auf kleine Details achten müssen. Dazu zählen das Vorhandensein, die Anzahl und die Größe der Markierungen.

Die bekanntesten und berüchtigsten Stechmücken sind die beiden oben dargestellten: die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) und die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Wir können beide relativ schnell unterscheiden, indem wir uns ihre Musterung auf dem Rücken (Pronotum) ansehen. Die Gelbfiebermücke hat zwei gerade weiße Linien und zwei weiße Kurven, die zusammen die Form einer Violine biden. Die Asiatische Tigermücke hingegen, hat eine einzelne weiße Linie auf ihrem Rücken.

Abgesehen von diesen beiden Arten gibt es viele weitere Spezies der schwarz-weißen Mücken, die alle durch ihre Musterung oder andere Details auf dem Rücken zu unterscheiden sind. Allgemein gilt: Je kleiner das Insekt und je größer die Anzahl der Artgenossen (Spezies derselben Gattung), umso schwieriger ist die Identifizierung.

▲Legende: Nahaufnahme von Ameisen

Es gibt auch Insekten, die sich in verschiedene Varianten entwickelt haben, wodurch eine Identifizierung umso schwieriger wird. Zum Beispiel reifen verschiedene Arten des Asiatischen Marienkäfers (Harmonia axyridis) mit unterschiedlichen Farben des Panzers und verschiedener Anzahl von Punkten heran. Die Unterscheidung der Varianten von anderen Marienkäferarten ist daher besonders schwierig.

Verwirrende Spezies, genauere Betrachtung

In einigen Fällen können Insekten völlig verschiedener Gattungen ähnlich aussehen. In diesen Fällen haben sie sich in der Regel durch Mimikry entwickelt, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Deshalb müssen wir uns auf detaillierte Merkmale konzentrieren, um sie zu unterscheiden.

Sehen die beiden oben abgebildeten Insekten wie Bienen aus und verhalten sich auch so? 

Ein detaillierter Vergleich wird uns helfen, beide Arten zu unterscheiden.

Das Insekt links hat kurze Fühler, kaum mehr als ein Stummel. Seine Augen sind groß, rund und braun bis rötlich. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie feststellen, dass das Insekt nur ein Paar dünnhäutige Vorderflügel hat. Statt Hinterflügeln hat es gelbe Halfter (winzige, keulenförmige Balance-Schwänze). Die drei Beinpaare sind sehr dünn und filigran.

Das Insekt rechts hat dicke, gebogene Fühler mit ellbogenartigen Gelenken. Die Facettenaugen sind lang, schwarz und mandelförmig. Das Insekt hat zwei Paar dünnhäutige Flügel und keine Fühler. Die Beine sind relativ dick und besonders die Hinterbeine sind so geformt, um in kleinen Körben Pollen zu tragen. Oft hängt ein gelber Fleck an ihren Hinterbeinen. Das ist ein Pollenklumpen, den die Biene gesammelt hat.

Bei dem Insekt links handelt es sich um eine Schwebfliege, die keinen Honig produziert und nicht stechen kann, während rechts eine echte Biene zu sehen ist.

Insekten sind so vielfältig und haben so viele verschiedene Merkmale, dass eine Identifizierung anhand eines einzigen physischen Merkmals oft unmöglich ist. Die Beobachtung und das Bewusstsein der vielen speziellen Körperstrukturen können helfen,  Insekten voneinander zu unterscheiden.

Zusätzlich zu den pysischen Merkmalen müssen wir oft auch Jugendstadien, spezifische Verhaltensweisen, Ernährungsgewohnheiten, Wirtspflanzen und die geographische Verbreitung betrachen, um Arten zu identifizieren, die sehr ähnlich aussehen.

Anhang: Häufige Insekten-Taxa (Auf jedes Taxon folgt ein Bild)
Coleoptera

Merkmale: Die Vorderflügel sind verhärtet und die Flügeladern sind nicht sichtbar. Fast alle Käfer gehören zu dieser Ordnung. 

Typische Beispiele: Laufkäfer, Hirschkäfer, Skarabäus, Kammkäfer, Glühwürmchen, Blattkäfer, Bockkäfer und Marienkäfer.

▲Beispiele verschiedener Käfertypen

Diptera

Merkmale: Die Vorderflügel sind dünnhäutig, die Hinterflügel kaum mehr als Stäbchen und werden als Balancestäbchen oder Halfter bezeichnet.

Typische Beispiele: Schmeißfliegen, Aasfliegen, Schwebfliegen, Stechmücken, Erdschnaken, Schnaken, Bremsen und Mücken.

Lepidoptera (Schmetterling)

Merkmale: Die beiden großen, dünnhäutigen Flügelpaare haben dichte, weiche Schuppen auf ihrer Oberfläche. Der Mund besteht hauptsächlich aus einem strohähnlichen Rüssel.

Typische Beispiele: Ritterfalter, Edelfalter, Dickkopffalter, Schneckenspinner, Spanner, Bärenspinner und Eulenfalter.

Hymenoptera

Merkmale: Bei Mitgliedern mit Flügeln sind alle vier Flügel dünnhäutig mit großen Vorderflügeln und kleinen Hinterflügeln. Diese Ordnung enthält alle Bienen und Ameisen.

Typische Beispiele: Ameisen, Bienen, Wegwespen, Parasitoide Wespen, Ameisenwespen und Blattschneiderbienen.

Orthoptera

Merkmale: Die Vorderflügel sind lederartig und durchsichtig mit sichtbaren Adern. Die Hinterbeine sind sehr lang und werden zum Springen genutzt.

Typische Beispiele: Laubheuschrecken, Grillen, Schrecken, Grashüpfer und Heuschrecken.

Homoptera

Merkmale: Die Flügel haben eine einheitliche Textur und sind im Ruhezustand oft geschlossen und gezahnt. Homoptera gelten unter Biologen nach umfangreichen Genuntersuchungen als Unterordnung von Hemiptera.

Typische Beispiele: Zikaden, Spitzkopfzikaden, Kleinzikaden, Schildläuse und Blattläusen.

Hemiptera

Merkmale: Lederartige Vorderflügel bedecken dünnhäutige Hinterflügel. Alle Insekten, die ursprünglich zu der Homoptera-Ordnung gehörten, gehören auch dieser Ordnung an.

Typische Beispiele: Baumwanzen, Schildwanzen, Lederwanzen und Bettwanzen.

Neuroptera

Merkmale: Der Unterschied zwischen den Vorder- und Hinterflügeln ist kaum zu erkennen. Die Flügel sind durchsichtig und haben markante netzartige Adern, die wie Blutgefäße aussehen.

Typische Beispiele: Netzflügler, Schmetterlingshafte, Staubhafte und Ameisenlöwen.

Isoptera

Merkmale: Die Textur, Größe und Form der Vorder- und Hinterflügel sind kaum zu unterscheiden. Die Flügel fallen leicht ab (manche Insekten haben keine Flügel). Diese Ordnung wurde nach umfangreicher Genforschung in die Ordnung der Blattodea eingeordnet.

Typische Beispiele: Termiten.

Dermaptera

Merkmale: Diese Spezies kann geflügelt oder flügellos sein. Die Vorderflügel der geflügelten Art, sind lederartig, kurz und bedecken nur den Brustkorb, während die Hinterflügel dünnhäutig sind und unter den Vorderflügeln eingeklappt werden. Der Schwanz hat ein scherenförmiges Körperglied.

Typische Beispiele: Ohrwürmer.

Trichoptera

Merkmale: Diese Insekten können durch das Vorhandensein von Haaren auf der Körperoberfläche, sowie dünnhäutigen Flügeln erkannt werden.

Typische Beispiele: Köcherfliegen.

Thysanoptera

Merkmale: Diese winzige Spezies hat entweder keine Flügel oder nur schmale Flügel mit Haaren an den Kanten. Sie zeichnet sich durch ihre asymmetrischen Mundwerkzeuge aus.

Typische Beispiele: Blasenfüßer.

Zygentoma

Merkmale: Diese Insekten bevorzugen dunkle Umgebungen und haben einen flachen Körper ohne Flügel. Die Fühler und Schwanzschnurrhaare sind lang.

Typische Beispiele: Silberfische und Ofenfischchen.

Archaeognatha

Merkmale: Der spindelförmige Körper hat einen erhöhten Rücken und keine Flügel. Typisch sind ein Paar Schwanzschnurrhaare und ein Mittelschwanzdraht.

Typische Beispiele: Felsenspringer.

Phthiraptera

Merkmale: Die Körper der Insekten sind klein und durchsichtig mit reduzierten, nicht funktionstüchtigen Flügeln. Die Kletterfüße sind in der Lage, sich an Haaren festzuhalten, haben aber auf flachem Untergrund Schwierigkeiten. Alle Spezies sind Parasiten.

Typische Beispiele: Läuse.

Siphonaptera

Merkmale: Diese kleinen Wanzen haben seitlich abgeflachte Körper und hüpfende Hinterbeine, wodurch sie große Entfernungen springen können.

Typische Beispiele: Flöhe.

Mecoptera

Merkmale: Die Flügel sind dünnhäutig, schmal und oft gemustert. Die Unterseite des Kopfs endet in einem nach unten zeigenden Rostrum. Die männlichen Genitalien sehen einem Skorpionschwanz ähnlich.

Typische Beispiele: Schnabelfliegen und Hangingflies.

Plecoptera

Merkmale: Der Körper ist flach. Alle vier Flügel haben eine ähnliche, venenartige Textur und können im Ruhezustand zusammengeklappt werden, wodurch nur der äußerste Flügel sichtbar ist.

Typische Beispiele: Steinfliegen.

Megaloptera

Merkmale: Die Vorder- und Hinterflügel haben eine ähnliche Beschaffenheit und weisen markante Adern auf. Der Körper ist groß mit deutlichem, scherenartigen Kiefer (einige Arten haben einen sehr langen Kiefer).

Typische Beispiele: Eintagsfliegen, Schlammfliegen und Großflügler.
 
Phasmatodea

Merkmale: Diese Insekten sind besonders gut getarnt, da sie wie Zweige oder Blätter aussehen. Einige Spezies haben auch Flügel.

Typische Beispiele: Stabheuschrecken und Wandelnde Blätter.

Odonata

Merkmale: Diese fleischfressenden Insekten verfügen über einen langen Hinterleib und vier dünne, lange, geäderte Flügel. Sie haben große Facettenaugen, um andere Insekten zu jagen.

Typische Beispiele: Libellen und Seejungfern.

Ephemeroptera

Merkmale: Diese Insekten haben große Facettenaugen und dünne, geäderte Flügel. Von der Rückseite des delikaten Hinterleibes ragen haarähnliche Körperglieder heraus.

Typische Beispiele: Eintagsfliegen.

Mantodea

Merkmale: Diese jagenden Insekten haben lange, dünne Körper und eine aufrechte Haltung. Sie benutzten zur Fortbewegung typischerweise nur vier Beine, weil die großen Vorderbeine zum Fangen und Festhalten der Beute dienen. Einige Spezies haben Flügel.

Typische Beispiele: Gottesanbeterinnen.

Blattodea

Merkmale: Diese krabbelnden Wanzen mit abgeflachtem bis halbabgeflachtem Körper haben kräftige Mundpartien, die kauen können. Einige Arten haben Flügel. Termiten zählen neuerdings zu dieser Ordnung.

Typische Beispiele: Kakerlaken und Termiten.